19.12.2023
Wer derzeit die Basilika in Knechtsteden betritt, ist vermutlich etwas erstaunt oder verwundert, denn: 49 Gesichter strahlen den Besuchern von den Wänden und den Säulen des altehrwürdigen Gotteshauses entgegen. Die einen sagen: „Unmöglich!“, andere sagen: „Naja!“, und wieder andere: „Ganz toll!“
Die Bilder gehören zur interaktiven Ausstellung mit dem Titel „Schubladen“. Ein Kunst- und Integrationsprojekt, das seit 2015 an verschiedenen Orten, in verschiedenen Häusern und Kirchen präsentiert und vom Landschaftsverband Rheinland gefördert und unterstützt wird.
Die Ausstellung mit ihren herausragenden Portraitfotographien bietet eine wunderbare Gelegenheit, uns selbst, unsere „Schubladen“ und unseren Umgang mit anderen Menschen zu reflektieren. Gezeigt werden Fotographien von Menschen mit und ohne Behinderungen und Beeinträchtigungen. Die Bilder sind bewusst aufgenommen, dass man keinem ansieht, ob er / sie eine körperliche oder seelische Beeinträchtigung hat oder nicht. Das Lebensschicksal ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen.
„Oft werden behinderte Menschen nur über Äußerlichkeiten wahrgenommen, missverstanden und diskriminiert. Wir fällen vorschnelle Urteile über andere, weil wir zunächst einmal wenige Facetten wahrnehmen und unser Gehirn Eindrücke sofort in einer vorhandenen Schublade ablegt. Ich möchte dazu beitragen, dass Menschen ihrem ersten Urteil misstrauen lernen“, so die Künstlerin Meike Hahnraths.
Verschiedentlich wurde ich gefragt, ob denn die Bilder in der Advents- und Weihnachtszeit unbedingt in der Kirche hängen müssen und nicht zu sehr vom Eigentlichen ablenken? Ich bin der Meinung, dass die Menschen auf diesen Fotos dazugehören, genau hier und jetzt ihren berechtigten Platz haben und Weihnachten ganz konkret und hautnah spürbar und lebendig machen. Gott wird Mensch unter allen Menschen und für alle Menschen. Gott ist aus seiner Verborgenheit hervorgetreten, um sich mit uns Menschen, so wie wir sind, zu verbinden. Seine Liebe und Hingabe gilt ausnahmslos allen Menschen.
Die Gesichter auf den Fototafeln schauen mit uns auf die in der Westapsis der Basilika von fleißigen ehrenamtlichen Helfern aufgebaute Krippenlandschaft, ja, sie sind Teil dieser Krippe! Ihnen und uns strahlt über dem Stall von Bethlehem das Licht des Sternes und der leuchtenden Botschaft des Engels entgegen: „Es sei der Gott des Friedens mit euch!“ Wie sehr sehnen wir uns doch gerade in diesen so unruhigen Zeiten nach dem Frieden, nach der Gerechtigkeit, nach einem liebevollen, respektvollen menschlichen Miteinander. Der Grundstock dazu ist an Weihnachten in der Krippe gelegt: Gott wurde Mensch, einer von uns. Die Arme des Jesuskindes in der Krippe strecken sich uns entgegen und laden uns ein, den Mut und die Hoffnung nicht zu verlieren und daran mitzuwirken, dass Friede und Menschlichkeit unter uns und allen Menschen herrschen können.
Friedvolle und gnadenreiche Weihnachten und Gottes reichen Segen für das Jahr 2024 wünsche ich Ihnen und allen Menschen von ganzem Herzen.
P.S.: Die Ausstellung „Schubladen“ ist bis zum 07.01.2024 in der Basilika zu sehen. Im Kreuzgang werden künstlereische Arbeiten von Schülerinnen und Schülern des Norbert-Gymnasiums präsentiert, die sich mit der Frage beschäftigt haben: „Wer ist der Mensch hinter dem Portrait?“
Autor: Pater Michael Wegner, CSSp (Rektor der Basilika)
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