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Impuls zum 16. Sonntag A

21.07.2023

Jesus liebt die Bildersprache und er benutzt immer wieder gerne Bilder aus der Natur und der Landwirtschaft, die den Leuten vertraut sind. Das war auch im Evangelium am vergangenen Sonntag so, als Jesus von der Saat, von der Aussaat sprach, um das Reich Gottes zu erklären. Dabei schilderte Jesus ganz natürliche Vorgänge: Dass ein Teil der Saat auf guten, auf fruchtbaren Boden fällt und ein anderer Teil auf unfruchtbaren, steinigen Boden, das blieb nicht aus.

Im heutigen Gleichnis, das ja so ähnlich klingt wie das am vergangenen Sonntag, kommt dann der Feind ins Spiel, der Widersacher, der unter den guten Weizen Unkraut sät – und zwar ganz heimtückisch: bei Nacht, während der gute Bauer schläft.

Viele Exegeten (Schriftausleger) tun sich schwer mit diesem Gleichnis und würden es am liebsten von der Liste streichen. Was soll das? Wer kommt denn überhaupt auf die Idee, nachts aufzustehen und Unkraut zu säen? Und woher soll der Feind denn die für diese Attacke notwendige Menge an Unkrautsamen eigentlich herhaben? Das ist doch alles unrealistisch, an den Haaren herbeigezogen!

Dass dem nicht so ist, das lehrt uns die Lebenserfahrung, besonders der reiche Schatz der Weisheit und Lebenserfahrungen der älteren Menschen. Wieviel „Unkraut“, wieviel Unheil, Unglück, Unzufriedenheit, Unfrieden mischt sich da oft ins tägliche Leben und Überleben ein. Und wieviel Geduld braucht es, um nicht alles durch vorschnelles Urteilen und Handeln zu vernichten, dauerhafte, ja unheilbare Risse und Schäden anzurichten.

Anselm Grün gibt eine schöne Hilfe dazu, wie wir dieses Gleichnis vom Unkraut und vom Weizen als ein Bild für unser Leben, für unsere menschliche Seele deuten können: „Die Seele ist der Acker. In der Nacht, wenn wir schlafen, sät der Feind das Unkraut aus. Sobald wir am Tag bewusst auf den Acker unserer Seele schauen, bemerken wir, dass da Weizen und Unkraut nebeneinander wächst. Wenn wir das Unkraut ausreisen möchten, würden wir den Weizen mit herausziehen. Dann würde gar nichts mehr wachsen. Wir sollen also nicht perfektionistisch auf unsere Fehlerlosigkeit fixiert sein, denn der Preis dafür ist die Unfruchtbarkeit. Und wenn die Seele unfruchtbar wird, kann auch das Gute nicht mehr wachsen. Es braucht viel Geduld und Gelassenheit, es braucht Gottvertrauen, um beides gedeihen zu lassen, den Weizen und das Unkraut. Es bedarf der Freiheit vom inneren Zwang, alles bewerten zu müssen. Und es bedarf der Entscheidung: Ich lasse es wachsen und überlasse Gott, dem Herrn der Ernte das Urteil über Weizen und Unkraut.“

In dieser Haltung können wir dann mit den Worten des Wüstenvaters Isaak von Antiochien (5. Jh.) beten: „Herr, Unkraut und Spreu ist mit meinem Weizen vermischt, und mein guter Same wächst mitten unter Dornen. Niemandem außer dir, Herr, erzähl ich diese meine Not. Mein Verlangen zielt allein auf deine große Liebe und Barmherzigkeit. Amen.

Autor: P. Michael Wegner, CSSp

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