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"Ich würde mehr zuhören und mehr Zeit mit den Mitbrüdern verbringen!"

29.05.2022

Interview mit Pater Bede Uchechukwu Ukwuije, CSSp - Teil 2

Neun Jahre lang diente P. Bede Uchechukwu Ukwuije als Generalassistent seinen Mitbrüdern. Er war der stellvertretende Generalobere und der Ansprechpartner im Generalrat für die Ordensniederlassungen in Frankreich, in den Niederlanden, Haiti, Deutschland und Belgien sowie für die vier Provinzen Nigerias. Zudem war er auch verantwortlich für die Ausbildung innerhalb des Ordens. Im Gespräch mit Pater Samuel Mgbecheta lässt der 55-jährige Ordensmann aus Nigeria seine Amtszeit als Generalassistent Revue passieren. 

 

Pater Bede Uchechukwu Ukwuije, CSSp

Pater Bede Uchechukwu Ukwuije, CSSp

Sich für die Belange der Kongregation, der Mitbrüder und der Gemeinschaften einsetzen

Vor sechs Monaten hast Du deine Amtszeit als Mitglied des Generalrats und als erster Assistent des Generaloberen beendet. Wie fühlst du dich jetzt, wo diese Verantwortung nicht mehr auf deinen Schultern lastet?

Nach diesem Mandat als Generalrat fühle ich mich erleichtert, denn die Arbeit im Generalrat ist eine große Verantwortung, die viel Energie und Zeit in Anspruch nimmt. Es geht darum, schwierige und sensible Entscheidungen zu treffen und sich für die Belange der Kongregation, der Mitbrüder und der Gemeinschaften einzusetzen. Wenn man das hinter sich hat, ist man erleichtert. Ich fühle mich wahrhaftig entlastet.

Kannst du in ein paar Worten die Aufgaben eines Generalrats und insbesondere die Aufgaben eines ersten Assistenten erläutern?

Ein Generalassistent hilft dem Generaloberen bei der Erfüllung seiner Aufgaben, die darin bestehen, die Kongregation zu leiten und zu animieren, und auch die Mitbrüder zu bestärken in ihrer Berufung. Jedes Ratsmitglied hat ein Aufgabengebiet und ist für bestimmte Ordensbezirke zuständig. Ich war der stellvertretende Generalobere. Der erste Assistent vertritt den Generaloberen in dessen Abwesenheit, und in bestimmten Situationen delegiert der Generalobere einige Aufgaben an ihn. Als Ansprechpartner im Generalrat war ich verantwortlich für Frankreich, die Niederlande, Haiti, die Provinz Europa mit Deutschland und Belgien und die vier Provinzen Nigerias. Man besucht die ihm zugeteilten Provinzen bzw. Ordensbezirke im Namen des Generaloberen und bringt deren Anliegen in die Generalratssitzung ein. Danach erstattet man den Ordensbezirken Bericht, wenn der Generalrat eine Entscheidung trifft. Wir verbrachten sechs Monate in Rom und die übrigen sechs Monate in den Missionsgebieten, um die Ordensbezirke zu besuchen.

Zudem wurde mir auch die Verantwortung für die Ausbildung innerhalb des Ordens anvertraut.

"Wir haben die Wiederentdeckung der Ordensspiritualität, der Ordensgeschichte und der Ordensberufung gefördert."

Was ist dir/euch dabei gelungen?

Es gibt zwei Seiten: Was wir als Generalrat getan haben und was unseren Mitbrüdern in den verschiedenen Missionen gelungen ist. Als Generalrat haben wir uns bemüht, und durch die Gnade Gottes ist es uns bis zu einem gewissen Grad gelungen, die Mitbrüder und Gemeinschaften miteinander zu verbinden und das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Ordens zu stärken. Wir haben angeregt, dass ein Mitbruder der Ordensprovinz angehört, in der er arbeitet. In diesem Sinne gehört eine Provinz nicht den Mitgliedern nach ihrer Herkunft, sondern sie gehört allen dort lebenden und tätigen Mitbrüdern. Die Mission der Kongregation in Deutschland ist also die Mission der Spiritaner in Deutschland und nicht die Mission der deutschen Spiritaner. Das hat ein gutes Zusammengehörigkeitsgefühl in der Kongregation geschaffen.

Wir brachten ein Programm zur Animation auf den Weg, das den Mitbrüdern und Laienspiritaner/innen helfen sollte, unsere ordenseigene Spiritualität zu vertiefen. Das half uns auch, unsere Animation auf die Wiederentdeckung der Ordensspiritualität, der Ordensgeschichte und der Ordensberufung zu fokussieren. Und das war in einem Kontext, in dem die Kongregation immer größer wird und in andere Kulturen vordringt, wirklich willkommen. Wir werden immer mit der Frage konfrontiert: Was ist unsere Besonderheit? Was ist unsere Spiritualität/Identität?

Unsere Spiritualität ist eine Spiritualität des Evangeliums. Als Ordensleute sind wir berufen, in der Nachfolge Jesu zu leben. Unsere Gründer, Poullart Des Places und Franz Maria Paul Libermann, hatten diese Intuition der Mission zu den Armen; unser Charisma ist, dass wir uns den Armen, den Unterdrückten und den Ausgegrenzten widmen. Wir gehen dorthin, wo die Kirche kaum Mitarbeiter findet, und wir werden durch den Heiligen Geist zu dieser Mission geführt. Wir sind dem Heiligen Geist geweiht - basierend auf die von Jesus selbst formulierte Mission: Der Geist des Herrn ruht auf mir. Er hat mich gesalbt und gesandt, den Armen die frohe Botschaft zu verkünden und den Unterdrückten die Freiheit. Dies ist der Kern unseres missionarischen Handelns. Dies ist der Kern unseres spiritanischen Auftrags. Dazu gehört auch die spiritanische Identität.

Dieser Auftrag wird in unterschiedlichen Gebieten der Welt und Kulturen gelebt. Er kann je nach den verschiedenen Kulturen, in denen der Einzelne arbeitet - Europa, Afrika, Asien usw. - unterschiedlich gestaltet werden. Aber es gibt etwas Grundlegendes, das für alle Mitglieder gilt, unabhängig davon, wo sie sich befinden: die Verfügbarkeit/Offenheit für den Heiligen Geist, und zweitens, dass wir das in der Gemeinschaft leben. Das Gemeinschaftsleben ist ein wichtiger Bestandteil unserer spiritanischen Identität – wir leben in Gemeinschaften. Heute sind unsere Gemeinschaften international und interkulturell. Und wenn uns heute Bischöfe bitten, eine neue Mission in ihrer Diözese zu eröffnen, sagen sie uns, dass sie in ihrer Diözese eine Gemeinschaft brauchen, die ein Zeichen für die Möglichkeit des Zusammenlebens verschiedener Kulturen und Nationen ist. Sie sagen, wir seien Experten darin. Ein anderer Bischof sagte, er brauche eine Gemeinschaft, die betet und bereit ist, in den kosmopolitischen Gebieten zu arbeiten, in denen es Migranten gibt und wo Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenleben. Er sagte, seine Priester wüssten nicht, wie sie das tun sollten. Diese Werte bilden also den Kern unserer Identität und unseres Auftrags.

Es ist uns auch gelungen, unsere spiritanischen Ausbildungskommunitäten zu konsolidieren. Wir haben festgestellt, dass mit dem Wandel der Zeit die Anforderungen an die Mission zunehmend anspruchsvoller geworden sind. Wir mussten die Ausbildung unserer Seminaristen und künftigen Missionare verbessern, was zur Veröffentlichung des Leitfadens für die Spiritanerausbildung führte, in dem die Richtlinien für die Spiritanerausbildung festgelegt sind. Wir haben viel renoviert sowie auch neue Ausbildungshäuser gebaut, um sicherzustellen, dass wir eine qualitativ hochwertige Spiritanerausbildung gewährleisten können. Wir haben viel Wert darauf gelegt, dass die Mitbrüder so ausgebildet werden, dass sie während ihrer Ausbildungszeit verschiedene Kulturen erleben. Die Ausbildung der Ausbilder war auch ein großes Anliegen für uns, denn wenn man eine gute Ausbildung haben will, muss man den Ausbildern die Möglichkeit geben, sich entsprechend zu qualifizieren.

Ein weiterer wichtiger Punkt war die Stärkung und Unterstützung ärmerer Ordensbezirke (wie Malawi und die Zentralafrikanische Republik) und schwieriger Missionen (z. B. im Norden Nigerias, wo man mit dem Problem der Binnenflüchtlinge infolge des Angriffs von Boko Haram und Terroristen konfrontiert ist). Es ist schwierig geworden, in diesen Gebieten zu arbeiten. Wir versuchten, den Mitbrüdern beizustehen und sie zu begleiten (finanziell und durch andere Mittel), die in diesen Missionen tätig sind und die nicht weglaufen wollen, weil sie "Gottes Zärtlichkeit" an diesen Orten repräsentieren.

Andere Erfolgsgeschichten liegen im Bereich der Erziehung und Ausbildung junger Menschen. Eine ganze Reihe von Ordensbezirken engagiert sich für die Bildung und Ausbildung von Jugendlichen. In Nigeria zum Beispiel engagieren sich die Mitbrüder in der Ausbildung junger Menschen, vom Kindergarten über die Grundschule bis zur Universität. Auch in Tansania und vielen anderen Provinzen der Spiritaner tun die Mitbrüder viel im Bereich der Jugendbildung. 

"Ich würde geduldiger vorgehen ..."

Was würdest du anders machen?

Wenn man als Führungsperson neu anfängt, will man schnell vorankommen. Man denkt, dass es einfach ist, zu befehlen, und man tut es. Mit der Zeit entdeckt man, dass Menschen keine Maschinen sind, die man an- und ausschalten kann. Es gibt also einige Situationen, in denen ich das Gefühl hatte, ich hätte mehr zuhören sollen. Wenn ich einer solchen Aufgabe (noch einmal) nachgehen sollte, würde ich geduldiger vorgehen, als ich es getan habe und würde mehr zuhören. Ich würde mehr Zeit mit den Mitbrüdern verbringen. Manchmal hat man nicht genug Zeit, wenn man an einem Ort ankommt, aber die Leute haben eine Menge Geschichten und Probleme, die sie mit dir teilen wollen. Und sie geben dir auch eine Wunschliste, was du für ihre Mission tun sollst. Und da merkst du, dass du die Kapazität nicht hast. Wenn ich das noch einmal machen würde, würde ich mir mehr Zeit nehmen, den Mitbrüdern zuzuhören, um wirklich zu sehen, wo sie Probleme haben und durch gemeinsames Überlegen nach der entsprechenden Lösung suchen. Denn manchmal haben auch Führungskräfte die Tendenz, Lösungen anzubieten, die den Problemen der Mitbrüder nicht gerecht werden. Aber sie meinen, sie wüssten besser, was die Mitbrüder brauchen.

"Bei denen, die Gott lieben, führt alles zum Guten."

Was war deine Kraft- und Inspirationsquelle während dieser Jahre des Dienstes im Generalat?

Mein persönliches Motto ist "alles ist Gnade", welches ich dem Apostel Paulus verdanke. Einige Zitate aus seinen Briefen bilden meine erste Inspirationsquelle. In Röm 8,28 schreibt er: "Bei denen, die Gott lieben, führt alles zum Guten." Daran denke ich immer, wenn es Schwierigkeiten, Konflikte oder Misserfolge gibt. Und auch an den Spruch in Eph 3,20 "Gott aber kann viel mehr tun, als wir jemals von ihm erbitten oder uns auch nur vorstellen können."

An zweite Stelle kommt die geistliche Haltung unserer beiden Gründer. Poullart Des Places sagte einmal: "Herr, ich bin entschlossen, auf dem Weg zu gehen, den du mir zeigen wirst." Ich wiederhole immer wieder diesen Satz von Poullart. Und Franz Maria Paul Libermann, der zum Heiligen Geist sagt: "Ich möchte so leicht wie eine Feder in deinen Händen sein." Diese Inspirationen unserer Gründer haben sich in meinem Herzen tief verankert.

Meine dritte Stütze ist das Gemeinschaftsleben: Die Mitbrüderlichkeit, die das Miteinander im Team prägte, war eine wichtige Stütze. Die Generalat-Kommunität war für mich die beste Gemeinschaft, in der ich je gelebt habe. Wenn man sieht, wie all die Mitbrüder aus sieben verschiedenen Ordensbezirken/Ländern an einem Ort zusammenleben und arbeiten, ist das inspirierend.

Schließlich inspiriert mich auch das Leben unserer älteren Mitbrüder. Ich besuche gerne die Gemeinschaften unserer älteren Mitbrüder in Chevilly-Larue (Frankreich), Knechtsteden (Deutschland) und Mgbidi (Nigeria). Dort sieht man, wie die Mitbrüder würdevoll und gnadenvoll alt werden, die ihr Leben für die Mission gegeben haben und jetzt, obwohl sie müde und krank sind, für die Mission beten. Einige von ihnen sammeln weiterhin Geld für die Missionen des Ordens. Das ist für mich eine große Quelle der Inspiration.

Wie und wo wirst du die kommenden Monate verbringen?

Die Kongregation hat mir großzügigerweise ein Sabbat-Jahr gewährt. Ich habe mich entschieden, diese Monate der Erholung sinnvoll zu verbringen. Ich habe bereits zwei Monate in Nigeria verbracht. Das ist das erste Mal seit neun Jahren, dass ich eine so lange Zeit in Nigeria verbringe. Die restlichen 10 Monate werde ich an der Notre Dame Universität in South Bend, Indiana, USA, verbringen. Ich möchte meine theologischen Vorlesungsskripte auf den aktuellen Stand bringen und dann sehen, ob ich in dieser Zeit einige Artikel veröffentlichen kann. Ich bin Theologieprofessor und würde gerne in das Lehramt zurückkehren.

Autor: Pater Samuel Mgbecheta, CSSp

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