02.04.2022
In unserem eigenen Lebensumfeld können wir oft nicht vergessen und verzeihen! Es gibt so viele Situationen in unserem Alltag, in denen wir gerne Steine in die Hand nehmen und diese, im Bewusstsein, ja in der Überzeugung der eigenen Unschuld, werfen möchten. Gleiches hören wir im Evangelium. Da zerren Männer eine Frau daher, die Unrecht getan hat. Sie wird vor Jesus gestellt und angeklagt. Für das begangene Unrecht muss sie bezahlen. Jesus sagt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“ Das heißt doch: Bevor ihr anderen Fehler und Schuld vorrechnet, sie ausstoßt und verurteilt, schaut auf euch selbst.
„Das zahle ich dir irgendwann heim!“, „Das vergesse ich dir nie!“ So reden und denken wir, wenn wir nicht darüber hinwegkommen, was andere uns angetan haben; was wir nur schwer vergessen können; was tief in uns sitzt, was uns kränkt und immer wieder Wunden reißt. Wenn Unrecht geschehen ist, nehmen wir gerne Steine in die Hand, um sie zu werfen. Und wenn wir Unrecht getan haben, dann schieben wir die Verantwortung dafür gerne anderen zu.
Unser Leben ist von solchen Gedankenmustern geprägt: Für Unrecht muss bezahlt werden! Da darf man nichts vergessen. Denken wir nur an die politischen Auseinandersetzungen in den Krisengebieten unserer Welt, besonders im Moment in der Ukraine. Völker und religiöse Gruppen halten einander Schuld und Vergehen vor, sind nicht bereit, einander zu vergeben. Sie hacken auf alten Ungerechtigkeiten herum, wärmen diese immer wieder auf, entfachen dadurch immer neue Konflikte und rechtfertigen damit, dass Menschen schuldlos ihr Leben verlieren.
Oder denken wir an unsere eigene Kirchengeschichte. Immer wieder erinnert man an traurige Kapitel aus vergangenen Jahrhunderten und meint, dass Papst und Bischöfe sich endlich, ja erneut für geschehenes Unrecht entschuldigen müssten. Ganz aktuell geschieht dies im Moment in der Welle der Missbrauchsverdächtigungen: Da werden Stellungnahmen und Konsequenzen gefordert. Da wird manchmal auch vorschnell verurteilt.
Auch in unserem eigenen Lebensumfeld können wir oft nicht vergessen und verzeihen! Es gibt so viele Situationen in unserem Alltag, in denen wir gerne Steine in die Hand nehmen und diese, im Bewusstsein, ja in der Überzeugung der eigenen Unschuld, werfen möchten.
Gleiches hören wir im Evangelium. Da zerren Männer eine Frau daher, die Unrecht getan hat. Sie wird vor Jesus gestellt und angeklagt. Für das begangene Unrecht muss sie bezahlen. Was die Frau getan hat, schreit ja nach einem Urteil. Auf diese Frau wird gedeutet. Ihr Ehebruch wird angezeigt. Ihr muss man deutlich machen, was richtig und was falsch ist. Recht muss Recht bleiben! Und was gegen die Ordnung verstößt, kann nicht unter den Teppich gekehrt werden! Sie muss die Schuld bezahlen!
Doch schauen wir auf Jesus und sein Verhalten. Dort, wo Steine gegen das Vergessen und Vergeben in die Hand genommen werden, um die Schuld zu bestrafen, da schreibt er in den Sand. Den Steinen, die als Zeichen der Schuld liegen bleiben, setzt er den feinen, leichten Staub entgegen. Ein kurzer Windstoß oder ein unachtsamer Tritt und nichts mehr ist zu sehen von dem, was da in die Erde gemalt oder geschrieben wurde.
Und damit holt Jesus die Männer auf den Boden der Tatsachen zurück. Jesus sagt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“ Das heißt doch: Bevor ihr anderen Fehler und Schuld vorrechnet, sie ausstoßt und verurteilt, schaut auf euch selbst. Denn auch da gibt es Schuld und Versagen; Grund, ausgestoßen und verachtet zu werden.
Jesus sagt nicht, dass Schuld von einem Moment auf den anderen ungeschehen gemacht wird. Er macht aber deutlich, wie wir mit der Schuld, die uns am Mitmenschen auffällt, umzugehen haben. Nicht, dass wir uns besser fühlen und über andere erheben können, sondern, dass die Schuld des Nächsten uns nachdenklich stimmen sollte, ob nicht auch an mir solche Schuld haftet. Keiner von uns wird ohne Schuld und Versagen sein und keiner von uns kann leben, wenn ihm ständig vorgerechtet wird, was er falsch gemacht hat. Dennoch gilt: Wenn wir einander vergeben, dann dürfen wir darauf vertrauen, dass auch Gott uns vergibt, dass er uns die Chance zur Umkehr und zum Neuanfang schenkt.
Ja; wir dürfen neu anfangen. Nichts muss bleiben, wie es war. Das ist die Zusage Gottes: Er schafft das Geröll unserer Vergangenheit beiseite und zeigt uns den geraden Weg. "Was geschehen ist, das ist geschehen", sagt er, „Was zählt, ist der nächste Schritt: Du kannst neu beginnen, versuche es jetzt!"
Autor: Pater Michael Wegner, CSSp
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