15.07.2022
„Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Wenn wir aufhören, uns zu begegnen, ist es, als hörten wir auf zu atmen!“ Das ist eine Lebensweisheit des Sozialphilosophen Martin Buber (1878 – 1965). Wie wichtig, wie lebensnotwendig und Lebensnot-wendend Begegnungen sind, das zeigen uns die Schrifttexte des heutigen Sonntags, in denen von unterschiedlichen Begegnungen die Rede ist.
Abraham und Sarah bekommen Besuch, ihnen begegnet Gott in besonderer Weise, in den drei Fremden (Gen 18, 1-10a). Und diese Begegnung endet ganz kurios: Einer der Drei verheißt Sarah, dass sie in ihrem hohen Alter noch einen Sohn gebären wird. Die Reaktion Sahras, die uns die heutige Lesung leider vorenthält, ist: Sarah lachte! Aber mit ihrem Lachen zieht sie diese Begegnung nicht ins Lächerliche. Dazu ist die Sache zu ungewöhnlich und zu ernst. Sarah freut sich einfach des Lebens und vielleicht will sie uns alle ja mit ihrem Lachen anstecken auch und gerade in den schwierigen Zeiten, die wir alle im Moment durchleben.
Im Evangelium (Lk 10. 38-42) ist es Jesus selbst, der bei Martha und Maria einkehrt. Welche Worte er für die beiden Frauen gefunden hat, das wissen wir nicht, aber sie hatten wohl ihre Wirkung. Jesus, der alte Freund der Familie wird gleichsam zum geistlichen Begleiter der beiden Frauen.
Zwei unterschiedliche Begegnungen, die aber doch Gemeinsamkeiten aufweisen. Während Abraham die Gäste vor dem Zelt empfängt und mit ihnen ins Gespräch kommt, ist Sarah auf sein Geheiß hin in der Küche aktiv, um das Essen für die Gäste vorzubereiten. Im Evangelium ist es Maria, die ihre ganze Aufmerksamkeit dem Gast – Jesus – schenkt, während Martha geschäftig in Haus und Küche herumwirbelt.
Naja, das ist doch völlig normal! So mögen wir vielleicht reagieren. Einer bleibt bei den Gästen und der andere sorgt dafür, dass die „Zutaten“ stimmen. Beides zusammen geht ja gar nicht. Da könnte man den Gast doch höchstens einladen, gefälligst mit anzupacken. Im Falle Jesu könnte ich mir vorstellen, dass ihm das ganz recht wäre!
Zumindest könnte man das ableiten aus der Antwort, die Jesus Martha auf ihre Beschwerde hingibt: Mach doch mal halblang. Das könne wir später doch alles gemeinsam regeln. Hör doch erst mal zu! „Du machst dir viele Sorgen und Mühen.“ Jesus weist darauf hin, dass ein großer Teil der anstrengenden Aktivitäten selbst gemacht ist. Sein ganzes Leben ist ein Plädoyer für die Einfachheit: Einfach da sein; einfach gut sein; einfach beieinander sein und teilen, was jeder beizusteuern hat; einfach handeln, wenn die Not groß ist.
Und dann noch die Feststellung: „Maria hat das bessere erwählt!“ Maria ist die besserer Zuhörerin. Sie hungert nach einer frohmachenden Botschaft, hört sich satt an der guten, nahhaften Nachricht, die Jesus ihr und ihrer Schwester Martha mitbringt. Sie lauscht, ist ganz Ohr, vergisst die Bedürfnisse des Alltags.
Dieses Evangelium richtet sich an uns alle. Es lädt uns ein, unsere Energie zielführend einzusetzen. Hören kann besser sein als Handeln. Ein erfülltes Gespräch ist besser als ein gefüllter Magen. Wir brauchen also kein schlechtes Gewissen haben: Wir dürfen die Hände in den Schoß legen, die Hände falten und mit Jesus ins Gespräch kommen. Lassen wir uns diese gute Chance nicht nehmen.
Autor: P. Michael Wegner, CSSp
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