29.04.2022
Ein Amtsträger zu sein, bedeutet der Geringste von allen zu sein, nach dem Vorbild von Jesus Christus, der seinen Jüngern die Füße gewaschen hat. Das ist es, was er uns gelehrt hat. Wenn das der Fall ist, dann ist der hierarchische Dienst ein Dienst des Zuhörens und der Fußwaschung des Volkes Gottes.
Mit Pater Samuel Mgbecheta spricht Pater Bede Uchechukwu Ukwuije über den Synodalprozess und was das für die Kirche bedeutet. P. Ukwuije war der Ansprechpartner für die deutsche Region im letzten Generalrat. Der 55-jährige Ordensmann aus Nigeria ist einer der führenden Theologen und erfahrenen Theologieprofessoren Afrikas.
Dieser synodale Prozess ist eine der besten Entwicklungen, die der Kirche widerfahren sind. Und ich glaube, dass Papst Franziskus die Kirche in einer Weise erneuert, die für diese sehr vorteilhaft sein wird. Neu ist das Verständnis von Papst Franziskus von einer synodalen Kirche. Es ist gut, die Ansprache von Papst Franziskus am 17. Oktober 2015 anlässlich der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag der Bischofssynode nachzulesen. Dort hat er klar gesagt, dass Synodalität ein Synonym für Kirche ist, dass Synodalität konstitutiv für Kirche ist. Es bedeutet, dass die Kirche im Wesentlichen aus dem Volk Gottes besteht, das gemeinsam unterwegs ist und auf Christus und den Heiligen Geist hört, und auch aufeinander hört. Er brachte die Idee des "Sensum Fidei" zurück; dass das Volk Gottes einen Instinkt des Glaubens hat, der durch den Heiligen Geist in ihm hinterlegt ist. Und weil die Gläubigen diesen Glaubensinstinkt haben, den der Heilige Geist in ihnen eingegossen hat, ist jeder Getaufte ein Verkünder der Frohbotschaft Jesu, und jeder Getaufte hat das Recht, zu sprechen und am Leben der Kirche teilzunehmen. Im Grunde heißt das, dass kein Getaufter über den anderen erhaben ist. Doch unter den Getauften werden einige auserwählt, Amtsträger zu sein. Aber ein Amtsträger oder Diener zu sein, bedeutet der Geringste von allen zu sein, nach dem Vorbild von Jesus Christus, der seinen Jüngern die Füße gewaschen hat. Das ist es, was er uns gelehrt hat. Wenn das der Fall ist, dann ist der hierarchische Dienst ein Dienst des Zuhörens und der Fußwaschung des Volkes Gottes. Und das ist es, was eine Synode bedeutet und tut: Wir hören einander zu, wir unterscheiden, und wir sprechen miteinander, und dies führt zu Gemeinschaft, Teilhabe und Mission. So sieht Papst Franziskus jetzt die Synode.
Für Afrika ist das sehr interessant, denn ich glaube fest daran, dass die von Franziskus entwickelten Intuitionen grundlegend afrikanische Intuitionen sind; wenn man an Gemeinschaft denkt, wie wird sie in Afrika verstanden? In vielen afrikanischen Traditionen wird die menschliche Person als "ein in Beziehung lebendes Wesen", als "ein verbundenes Wesen" verstanden. Zum Beispiel „Ich bin, weil wir sind“. In Ostafrika nennt man das "Ubuntu". Die Igbos sprechen von "ihe kwuru ihe akwudebe ya", sinngemäß „Wo immer etwas steht, befindet sich etwas anderes daneben.“ Und wie löst man Probleme in afrikanischen Volksgemeinschaften? Durch "la palabra" - man redet, und wenn man redet, benutzt man Worte, um zu erbauen und zu konstruieren. Afrika hat in diesem Bereich also eine Menge beizutragen.
Auch erwähnenswert ist der Gedanke von Papst Franziskus zum Thema „Menschenführung“. Leitung spielt eine große Rolle in der Kirche. Für den Papst ist es eine dienende Haltung. Und in einer echten afrikanischen Tradition ist der Häuptling oder Nze oder Ozo nicht einer, der redet und die anderen hören zu oder gehorchen ihm. Er hört in erster Linie zu. Pater Elochukwu Eugene Uzukwu beschreibt es sehr gut in seinem Buch "A listening Church" (Eine Kirche, die zuhört). Er erklärt, dass das Symbol des Häuptlings in der Kultur der Manjas in der Zentralafrikanischen Republik ein Kaninchen mit großen Ohren ist, das zuhört. Man hört zu und spürt den Puls der Gemeinschaft, dann erkennt man den Weg nach vorn und zeigt ihn auf. Große Ohren zu haben bedeutet auch ein großes Herz zu besitzen. Es zeigt, dass der Leiter mitfühlend ist. Er fühlt mit der Gemeinschaft. Das ist es, worum uns der Papst in dieser Synodalität bittet. Und das Ziel ist nicht, bestimmte Ziele zu erreichen, sondern zu lernen, gemeinsam zu gehen, sich gemeinsam auf den Weg zu machen und einander zuzuhören. Es geht um eine Erneuerung unserer Art, Kirche zu sein. Er sagte, das Symbol werde ein umgekehrtes Dreieck sein. Die Diener (Amtsträger) sind unten. Deshalb sind sie Diener. Sie sind die Doulos.
Wir alle müssen uns an dem Prozess beteiligen. Teil der Synodalität ist auch die Beziehung zwischen den Ordensleuten und der Ortskirche; die Verbindung zwischen hierarchischer Gabe und charismatischer Gabe; wir stehen für die charismatischen Gaben. Mancherorts ist diese Beziehung nicht selbstverständlich. Jetzt ist es an der Zeit, diese Beziehung zu stärken. Es geht um dieselbe Mission. Wir müssen zusammenarbeiten.
Wir müssen auch auf der Ebene der Kongregation darüber nachdenken: Synodalität in unserer Ordensfamilie und unseren Gemeinschaften. Wie ist die Beziehung zwischen den Oberen und den Mitgliedern der Kongregation? Haben wir Vorgesetzte, die Diktatoren sind? Oder Mitbrüder, die sich weigern, zuzuhören? Wir müssen uns auch in unserer eigenen Ordensfamilie gemeinsam auf den Weg machen. Gerade hier können wir zeigen, dass die Kirche synodal ist.
*** Dieses Interview wurde in der Osterausgabe der Nachrichten der Spiritaner veröffentlicht.
Der zweite Teil "Sich für die Belange der Kongregation und der Mitbrüder einsetzen" folgt.
Den dritten Teil „Froh und stolz, Spiritanermissionar zu sein“ erhalten Sie in der Ausgabe 5 der kontinente Missionszeitschrift.
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