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Danken

20.04.2022

Im Danken können wir entdecken, was Gott durch uns geschaffen hat.  Darüber hinaus entsteht die Möglichkeit, Brüche neu zu bewerten und in unser Leben einzuordnen.

 

Pater Bruno Trächtler, CSSp

Pater Bruno Trächtler, CSSp

Santiago, Juli 2021: Eine Mit-dreißigerin klagt – sucht Hilfe: „Ich kann nicht lieben“. Das Gespräch beginnt stockend, zögerlich. Es führt in die Kindheit - zur Mutter; den Vater kennt sie kaum, um nicht zu sagen, gar nicht.

Die Psychologie lehrt uns, dass unser Leben, die Gestaltung des Lebens von den ersten Tagen und Wochen unseres Lebens geprägt ist, näher hin von der Beziehung zur Mutter, oder einer Bezugsperson: Mutter, Vater, Schwester, Oma… In dieser Zeit wird die Fähigkeit und die Art und Weise grundgelegt, wie wir Beziehungen in unserem Leben gestalten und leben.

Mit Hilfe anderer Bezugspersonen entwickeln wir uns weiter in Kita und Schule: Erzieherinnen, Lehrer, Mitschülerinnen und Mitschüler und andere Personen treten in unser Leben. Der Kreis dieser Personen erweitert sich, ändert sich. Wir machen Erfahrungen mit Menschen, die uns lieben, Erfahrungen mit Menschen, die uns nicht gefallen, die uns nicht mögen; Menschen deren Nähe wir meiden. Erfahrungen von Angenommensein und Abgelehntsein. Wir beginnen zu reagieren: nehmen Menschen an, lehnen andere ab.

Das Abgeben von Freiheit zugunsten eines erwachsenen Miteinanders

Ebenso werden Erfahrungen von Autorität bewusster: Eltern und Lehrer sagen nicht mehr das gleiche. Was selbstverständlich war, wird plötzlich unsicher, wir beginnen Fragen zu stellen, beginnen, uns eigene Vorstellungen zu machen. 

Die Pubertät führt uns zur Stärkung unserer eigenen Persönlichkeit, zur Abgrenzung von anderen, zur Festigung in uns selbst, zur Individualität. Autorität wird neu wahrgenommen – angenommen - relativiert – abgelehnt. Der „Gott unserer Eltern“ wird hinterfragt, der Kinderglaube „abgelegt“. Eine neue Beziehung zu Gott wird notwendig: eine Beziehung zu „meinem“ Gott. Ich will als „Erwachsener“ mit Gott in Beziehung treten. Die Frage nach einem Erwachsenenglauben (erwachsenen Glauben) wird zur großen Herausforderung.

Der Einstieg ins Berufsleben, die Gestaltung von Welt, die Selbstverwirklichung durch eigenständige Arbeit, die Übernahme von Verantwortung für sich und Welt gehören zur spannenden Phase dieses Lebensabschnittes. Sie bedeutet grundsätzlich Neuordnung, Ausübung von Autorität, Auseinandersetzung mit Autorität, Respektierung der Autorität. Die Erfahrung von Freiheit erhält eine neue Dimension: gestaltete Freiheit im Miteinander.

Das Abgeben von Freiheit zugunsten eines erwachsenen Miteinanders in Beruf, in der Gemeinschaft, in der Ehe/Familie gehören wesentlich in diese Phase des Lebens und sind unabdingbar für die persönliche Reife. Dementsprechend gestalten sich Beziehungen zu anderen Menschen. Es ist das erwachsene Miteinander, das die Lebensgestaltung trägt und zur Reife führt, das zum Erfolg im Berufsleben führt und das auch hilft; die Brüche, die unweigerlich zum Leben gehören, durchzustehen und zu überwinden.

Sich auseinandersetzen mit dem „nicht-mehr-gebraucht-werden“

Schließlich kommt das Ende des Berufslebens: Abgeben von Verantwortung; sich neu einordnen in die Gemeinschaft, in die Familie; das Leben neu organisieren; den Tag selbst gestalten, Prioritäten setzen. Sich auseinandersetzen mit dem „nicht-mehr-gebraucht-werden“; „nicht-mehr-gefragt-werden“; „nicht-mehr-nützlich sein“. Nicht mehr „Wert“ sein, durch das, was man tut; den Selbstwert entdecken und pflegen.

Wer sein Leben unter diesen Gesichtspunkten betrachtet, kann zum Schluss kommen, dass es ist nicht nur die Mutter ist, die uns am Anfang unseres Lebens in die Arme nimmt und uns damit Leben ermöglicht. In allen Phasen des Lebens gibt es Personen, die uns helfen, zu wachsen, reifer zu werden, im Beruf die notwendige Kompetenz zu erreichen, uns in Familie, Gemeinschaft und Gesellschaft zurecht zu finden und ein erfülltes Leben zu erreichen.

Allen diesen Personen sind wir zu Dank verpflichtet. Wir sind, was wir sind, aufgrund Ihrer Hilfe. Wer sind die Personen, die uns in den jeweiligen Lebensphasen zur Seite standen? Wer ist ein Stück Weg mit uns gegangen und wer ist eine längere Wegstrecke bei uns geblieben? (Hier darf auch die Frage nach dem Engel gestellt werden, den uns Gott in einem bestimmten Moment geschickt hat.)

Letztlich kann eine solche Betrachtung zu einem tiefen Dankgebet für alle und jede einzelne dieser Personen werden. Gleichzeitig kann es ein Dankgebet werden für alles, was wir mit ihnen und durch sie in unserem Leben erreicht haben. Und im Danken können wir auch entdecken, was Gott durch uns geschaffen hat.  Darüber hinaus entsteht die Möglichkeit, Brüche neu zu bewerten und in unser Leben einzuordnen.

Am Anfang dieser Gedanken stand die Suche einer Frau. Diese Suche kann auch die Betrachtung meines/unseres Lebens erhellen.

Autor: Pater Bruno Trächtler, CSSp

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