22.10.2022
„Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben“. Dieses Leitwort des heutigen Weltmissionssonntages aus dem Mund des Propheten Jeremia ist auch die Hoffnungs- und Lebenszusage Jesu an die Menschen in den Elendsvierteln in Kenia, denen heute unsere Aufmerksamkeit, unser Gebet und unsere Solidarität gilt. Und es ist eine Hoffnungs- und Lebenszusage an uns alle.
Auf die Sichtweise kommt es an! So könnten wir als Titel über das heutige Evangelium schreiben. Je nachdem, wie ich drauf bin, wie es mir geht, wie ich mich fühle, sehe ich mich morgens im Spiegel. Das kann jeden Tag anders sein. Auch meine Mitmenschen nehmen mich ganz unterschiedlich wahr, sehen mir an, was mit mir los ist. Und im Blick auf Gott, da geht es uns doch oft so wie den beiden Männern, die uns im heutigen Evangelium begegnen. Da schlagen doch oft zwei Herzen in unserer Brust.
Da ist der Pharisäer, der stolzen Herzens dafür dankt, dass er ein so guter Mensch ist. Und da ist der Zöllner, der reumütig nach unten blickt und ruft: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Jeder der beiden sieht sich anderes. Auf die Sichtweise kommt es eben an.
Der Pharisäer schaut in seinem Beten Gott gar nicht an. Er sieht nur sich selbst und sein gutes Handeln. Gott wird zu einer Bauchredner-Puppe degradiert, die lediglich das bestätigen soll, was der Pharisäer ihm in den Mund legt.
Der Zöllner dagegen schaut auf Gott und versucht, aus dem Blickwinkel Gottes auf sich selbst zu schauen. Dabei geht ihm auf, dass er das Erbarmen Gottes für sich benötigt und so ruft er: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ – Auf die Sichtweise kommt es eben an.
Und wie sieht Gott uns an? Welche Sichtweise hat er von uns Menschen? Darauf gib uns die Erzählung im Evangelium eine Antwort:
Gott schaut nicht auf das Äußere, sondern er blickt in das Herz des Menschen hinein. Er zählt nicht unsere vermeintlichen Leistungen und beantwortet sie mit Lohn oder Strafe. Er wendet sich dem zu, der sich ehrlich und wahrhaftig vor ihn stellt. Jesus bringt uns somit seinen Vater näher als einen Gott, vor dem wir Menschen sein dürfen, wie wir sind; vor dem wir uns nicht verstecken müssen, wenn in unserem Leben etwas nicht in Ordnung ist.
Dieser Gott lehnt uns nicht ab, auch wenn andere uns ausgrenzen oder auf uns herabblicken. Er ist ein Gott, der sich uns Menschen mit Barmherzigkeit zuwendet. Ein Gott, der ein offenes Herz hat für die Nöte und Sorgen. Ein Gott, der uns Leben ermöglichen möchte und Hoffnung zu teil werden lässt.
„Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben“. Dieses Leitwort des heutigen Weltmissionssonntages aus dem Mund des Propheten Jeremia ist auch die Hoffnungs- und Lebenszusage Jesu an die Menschen in den Elendsvierteln in Kenia, denen heute unsere Aufmerksamkeit, unser Gebet und unsere Solidarität gilt. Und es ist eine Hoffnungs- und Lebenszusage an uns alle.
Auf Gott zu schauen und von seiner Sichtweise aus auf uns und die Mitmenschen in unserem Umfeld und in der weiten Welt zu schauen, das kann hilfreich sein. Denn dann schauen wir mit den liebenden Augen Gottes auf die Welt, auf die Menschen, auf uns selbst. Dann können wir auch auf die Sorgen und Nöte der anderen Menschen, auf ihrer Unvollkommenheit schauen und barmherzig – gerecht mit ihnen umgehen.
In diesem Sinne dürfen wir uns heute am Weltmissionssonntag in ganz besonderer Weise unserer Verantwortung als Christinnen und Christen bewusst werden. Schauen wir auf das Fundament unserer Schauen wir auf das Fundament unserer Sichtweise, das die Triebfeder unseres Betens und Handelns sein soll: nämlich die rechte und gerechte Beziehung zu Gott. So können wir einander Schwestern und Brüder im Glauben werden. Gott möge uns dabei behilflich sein und uns immer wieder neue Hoffnung und Zuversicht schenken.
Autor: Pater Michael Wegner, CSSp
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