22.12.2023
In diesen Tagen wird es drei Jahre, seit ich aus Brasilien zurückkehrte. Es ist schon eine schöne Zeit, um zurückzublicken und sich zu fragen, ob die gesetzten Ziele erreicht worden sind.
Ich hätte in der brasilianischen Provinz bleiben oder mich in die Kommunität von Knechtsteden integrieren können. Stattdessen bat ich meine Ordensobern um die Erlaubnis, im Haus meines verstorbenen Bruders Prof. Carl Merkel wohnen und arbeiten zu können. Da könnte ich meiner schon damals schwer erkrankten Schwester näher sein, ebenfalls meinem über 80-jährigen Bruder. Darüber hinaus hätte ich Gelegenheit meiner „Heimatkirche“ etwas zurückzugeben. Was ist daraus geworden?
Am 5. 11. verstarb meine Schwester Margita Merkel-Welman im Hospiz – Odenwald in Walldürn nach über 3 Monaten Aufenthalt. Sie hatte lange und schwer zu leiden. Ihr Mann war fast täglich bei ihr. Mein Bruder und ich fuhren 2- bis 3-mal pro Woche dorthin und blieben einige Stunden bei ihr. Nie zuvor konnte ich so nahe den Verlust der körperlichen Gesundheit und der Vorbereitung auf den Tod, aber auch die psychisch – spirituelle Reifung einer Person erleben. Es war eine kostbare, wenn auch schwere Zeit.
Acht Tage nach dem Tod ließen wir die Urne mit der Asche unserer Schwester in die Erde des kleinen Friedhofes hinunter. Zu meiner Freude waren einige Priester unserer Seelsorgeeinheit dabei: Priester aus Indonesien und Nigeria, Ungarn und Deutschland. Aber auch andere Freunde der Verstorbenen waren bei der Feier dabei. Nun sorge ich mich etwas um meinen alleinstehenden Bruder, der auf die 84 zugeht.
In der Region helfe ich weiterhin aus, wo immer man mich einlädt – vor allem in den beiden Seelsorgeeinheiten Mosbach und Neunkirchen. Fast täglich bin ich unterwegs in den kleinen Ortschaften und freue mich inzwischen über alle, die noch den Weg in die Kirche finden! – Was hat sich doch alles geändert! Kinder und Jugendliche: Mangelware! Aber auch junge Ehepaare – mit Ausnahme der Kroaten, die ihren sonntäglichen Gottesdienst pflegen. Ministranten – wenn sie Lust haben zu kommen, wissen manchmal weder das „Vater-unser“ noch das „Gegrüßet- seist-du, Maria“. Die Priester hierzulande haben es nicht leicht! Gestern noch hatten wir ein kleines Treffen in meiner Wohnung. Es waren vier Mitbrüder gekommen. Wir sprachen über den Weg zum priesterlichen Dienst – und über die Herausforderungen, die sich unserer Kirche in Deutschland stellen.
Von den Gottesdienstbesuchern höre ich immer wieder, dass sie meine Präsenz schätzen. Trotzdem - die Entwicklung in Kirche und Gesellschaft sind mir unverständlich geworden. – Bei Dekanatssitzungen und anderen Versammlungen ist das Hauptthema: Kirchenentwicklung 2030 mit den vielen strukturellen und organisatorischen Änderungen, als ob sie die Lösung brächten! Wie viele krampfhafte Anstrengungen, wo – vom Evangelium her betrachtet – der Weg doch einfach ist: Glauben an das Wort Gottes; Hoffen auf Verheißung und Wiederkunft; Lieben in einer Alle umfassenden konkreten Weise; Schutz der Erde und Bemühung um Gerechtigkeit und Frieden. – Allerdings dürfen das Hinhören auf Gott und die Anderen nicht fehlen noch Demut und Bescheidenheit in Lebensführung. Advent und Weihnachten zeigen uns das deutlich auf. Ohne den Herrn können wir nichts tun, was Bestand und Zukunft hat!
Autor: Bischof Meinrad Merkel, CSSp
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