23.07.2022
Offenbar hatten die Jünger gemerkt, dass Jesus auf eine besondere Art betet, auf eine ganz eigentümliche Art die Begegnung mit Gott sucht und findet. Und daran wollen sie Anteil gewinnen. Jesus erfüllt ihren Wunsch. „Wenn ihr betet, so sprecht: Vater!“ Das ist absolut neu! Jesus nimmt seine Jünger und uns in diese Vertrautheit mit dem Vater hinein. Er ermuntert seine Jünger und uns, vertrauensvoll und unablässig den Vater zu bitten: „Bittet, und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch geöffnet!“
Wieder einmal hatten ihn die Jünger beim Beten beobachtet. Schon mehrfach hatten sie ihn schon betend erlebt: Bevor Jesus seine Jünger zu sich rief, um zwölf auszuwählen und auszusenden, betete er eine ganze Nacht lang. Oder bevor er sich dem Urteil der Jünger und der Leute aussetzte („für wen haltet ihr mich?“) hatte er in der Einsamkeit gebetet. Und immer waren die Jünger dabei. Jetzt fasst schließlich einer den Mut und sagt zu Jesus: „Herr, lehre uns beten“ – ich, wir möchten auch so beten können wie du! Offenbar hatten die Jünger gemerkt, dass Jesus auf eine besondere Art betet, auf eine ganz eigentümliche Art die Begegnung mit Gott sucht und findet. Und daran wollen sie Anteil gewinnen.
Jesus erfüllt ihren Wunsch. „Wenn ihr betet, so sprecht: Vater!“ So vertraut, auf du und du, hatten die Gesetzeslehrer und ihre eigenen Eltern nicht gebetet. Das ist absolut neu! Jesus nimmt seine Jünger und uns in diese Vertrautheit mit dem Vater hinein. Er ermuntert seine Jünger und uns, vertrauensvoll und unablässig den Vater zu bitten: „Bittet, und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch geöffnet“
Die Realität lehrt uns oft anderes! Sooft wir auch um etwas beten und inständig flehen, wir machen immer wieder die Erfahrung, dass es doch anders kommt, als wir es uns wünschen. Denken wir nur an Zeiten des Krieges, in denen wir Friedensgebete in großer Zahl feiern. Oder auch Gebete um Gesundheit, um ein gutes Miteinander – wir erfahren, dass das doch nicht so eintritt, wie von uns erwünscht und erbeten. Also hört Gott unser Bitten nicht? Oder bitten wir nicht inständig genug?
Der Schlüssel liegt im letzten Satz des Evangeliums, in dem Jesus zusammenfasst, was Gott eigentlich schenken will: „Wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.“ Gott ist also keine „Erfüllungsmaschine“, von dem wir alles bekommen, was wir uns gerade wünschen. Vielmehr soll im Mittelpunkt unserer Gebete die Bitte um die Gabe des Heiligen Geistes stehen. Denn Gottes Geist befähigt, mit den Situationen des Lebens in rechter Weise umzugehen.
Der Geist Gottes beschenkt uns mit seinen Gaben: Er tröstet uns in der Trauer. Er bringt Kühlung in hitzigen Debatten. Er berät, wenn die Wege schwierig werden. Er gibt uns die Gabe der Weisheit zu unterscheiden, was in einer Situation richtig oder falsch, zu tun oder zu unterlassen ist. Gottes Geist führt uns in die Liebe Gottes und lässt unser Vertrauen auf Gott stark sein und immer mehr wachsen. Der Geist Gottes nimmt uns hinein in die Liebe des Vaters, der seinen Kindern nichts Böses will. Der Geist Gottes zeigt uns Gott als einen guten und uns liebenden Vater, der uns gibt, was wir brauchen, aber nicht unbedingt das, was wir wünschen.
So müssen wir auch das Vaterunser richtig verstehen. „Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme.“ Matthäus ergänzt noch die Bitte: „Dein Wille geschehe!“ Es geht also nicht um unsere Vorstellung, sondern um die Verherrlichung Gottes. Diesem Anliegen Jesu schließen sich dann die Bitten an um die Erfüllung der Grundbedürfnisse: das tägliche Brot, die Vergebung der Sünden, die Abwendung von Versuchungen. Das sind sozusagen die Voraussetzungen, damit Gottes Wille auch in unserem Leben, in unserer Zeit geschehen, dass sich sein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens auch heute ausbreiten kann.
Die Bitte um Vergebung von Schuld und Sünde, die Jesus im Vater unser lehrt, ist eine hoch aktuelle und brisante Bitte. Papst Franziskus macht sich heute auf den Weg zu einer 6-tägigen Reise nach Kanada, die er selbst als eine „Reise der Vergebung und Versöhnung“ bezeichnet.
Die kanadischen Indigenen leiden bis heute darunter, wie sie durch die Autoritäten des Landes behandelt wurden und bis heute noch werden. Indigene sind im Durchschnitt ärmer als die anderen Einwohner des Landes. Vergessen dürfen wir auch nicht das staatliche Programm, nach dem Kinder aus ihrem indigenen Umfeld, aus ihrer Familie, herausgenommen und zur „Umerziehung“ in sogenannten „Residential Schools“ untergebracht wurden. Damit sollte ihre Geschichte und Kultur ausgelöscht werden. Wegen der Misshandlungen, der mangelhaften Hygiene und mangelnder Nahrung herrschte in diesen Schulen eine hohe Sterblichkeitsrate.
Papst Franziskus hat bei dieser Reise ein klares Ziel vor Augen: Demütig noch einmal den Indigenen seine tief empfundene Scham und Reue für die Verbrechen auszudrücken, die auch durch Mitglieder der katholischen Kirche an ihren Angehörigen verübt worden sind. Die Vergebungsbitte an Gott und die bereits von Papst Franziskus ausgesprochene Entschuldigung bei einem Treffen mit Indigenen Völkern im Vatikan im April waren ein erster Schritt auf dem Weg der Versöhnung. Mit der Reise des Papstes schließt sich nun ein Kreis der Versöhnung, in den wir alle mit hineingenommen sind.
Autor: Pater Michael Wegner, CSSp
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